Von wissenschaftlich haltbarer Namendeutung kann vor dem Zeitalter des Humanismus kaum die Rede sein. Dann aber bemühen sich Aventinus und Beatus Rhenanus um die Erklärung altgermanischer, durch Tacitus wieder bekannt gewordener Namen. Bei Luther und Fischart zeigt sich reges Interesse für die Namen und ihre Deutung, und Fischart kennt schon die Gleichartigkeit deutscher und griechischer Personennamen. Die Namenbücher, die das 16. Jahrhundert hervorgebracht hat, kümmern sich vielfach nur um die Taufnamen und deren Erklärung vom theologischen Standpunkte aus. Das erste ist ein 1537 ohne Verfasserangabe in Wittenberg erschienenes Büchlein Aliquot nomina propria Germanorum ad priscam etymologiam restituta, das seit 1554 unter Luthers Namen erscheint. Ob Luther wirklich der Verfasser ist, ist strittig, denn seine Deutungen sind sonst viel vorsichtiger als die dort abgehandelten Namen.Ein katholisches Gegenstück zu diesem Wittenberger Namenbüchlein erschien 1541 in Mainz: Onomasticon ecclesiae. Die TTaufnamen Erklärungaufnamen der Christen deudsch und christlich ausgelegt durch G e o r g i u m W i c e l i u m.  Witzel tritt grundsätzlich für die Verwendung von Heiligennamen ein. Dabei kommt es weniger auf die Etymologie der Namen an, als daß man sich den betreffenden Heiligen als Vorbild vor Augen stellt. Namen wie Anastasius, Valerius, Cyprianus oder Fabianus sind einem Wolff, Ebert, Utz, Cuntz oder Fritz vorzuziehen. „Die Deudsche namen verwerffe ich nicht, wiewol sie nach der Heidnischen Barbarey fast schmekken, aber die Namen, welche die heilige menschen Christlicher Religion anfenglich gefüret haben, lobe ich. Dieselbigen sind entweder Ebreisch oder Griechisch oder Latinisch. Und solche kan man verstehen und gewis wissen, was ein jeglicher in seiner Sprache sey oder bedeute, welchs man in den Barbarischen namen mit mühe errathen mus, und dennoch oft weit vom Zil fehlet.” Er beschränkt sich daher auf die Erklärung der fremden Namen. Protestantisch ist dann wieder: Namenbüchlein, das ist Erklerung fast aller Mans vnd Weiber Namen jetziger zeit breuchlich.  Durchc Z a c h a r i a  P r e t o r i u m, Prediger zu Eissleben. Auch hier sind vor allem die griechischen und lateinischen Namen erklärt, außerdem aber viele deutsche, wobei sich einiges Richtige, aber auch viel Falsches findet.                    

Aus den namengeschichtlichen Untersuchungen zwischen 1850 und 1930 sind hervorzuheben:

Ernst F ö r s t e m a n n,  Nordhausen 1851.
T r ö t s c h e r,  Eger 1883. 
K l e e m a n n, Die Familiennamen Quedlinburgs. Quedlinburg 1891.
R. J e c h t, Beiträge zur Görlitzer Namenkunde, 1892.
Heinrich G l o ë l, Die Familiennamen Wesels. Wesel 1901.
O. S c h ü t t e, Braunschweiger Personennamen. Braunschweig 1901.
K. C a r s t e n s, Beiträge zur Geschichte der bremischen Familiennamen. 1906. 
R. R e i c h e r t,  Die deutschen Familiennamen nach Breslauer Quellen des 13. und 14. Jahrhunderts. Breslau 1908.
Fritz W a g n e r. Studien über die Namengebung in Köln im 12. Jahrhundert. Diss. Göttingen 1913.
Hans B a h l o w, Studien zur ältesten Geschichte der Liegnitzer Familiennamen. Diss. Jena 1923
Almuth R e i m p e l l, Die Lübecker Personennamen. Lübeck 1924.
Georg M a h n k e n, Die hamburgischen niederdeutschen Personennamen des 13. Jahrhunderts. Dortmund 1925.
Hugo N ü s k e, Die Greifswalder Personennamen des 13. und 14. Jahrhunderts. Greifswald 1927.
Jul. K o b e r n e, Die Familiennamen von Burkheim am Kaiserstuhl. Diss. Freiburg 1923.
Karl S u r l ä u l y, Zur Geschichte der deutschen Personennamen nach Badener Quellen (Baden im Aargau) des 13., 14. und 15. Jahrhunderts. Aarau 1928. 
Martha P a u l u s, Die alten Lahrer Familiennamen. Diss. Gießen 1928. 
 

Die wichtigsten Nachschlagewerke über Familiennamen ab ca. 1930.

Hans  B a h l o w, Deutsches Namenlexikon. München 1967
Hans  B a h l o w, Mittelhochdeutsches Namenbuch nach schlesischen Quellen, Neustadt/Aisch1975
Josef Karlmann  B r e c h e n m a c h e r, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Familiennamen,
2 Bände. Limburg a. d. Lahn 1957
Albert  H e i n t z e / Paul  C a s c o r b i, Die deutschen Familiennamen, geschichtlich, geographisch, sprachlich. Hildesheim (Nachdruck) 1967
Max  G o t t s c h a l d, Deutsche Namenkunde. 5. verbesserte Auflage, Berlin 1982
Kaspar  L i n n a r t z, Unsere Familiennamen. 10 000 Berufsnamen im ABC erklärt, Bonn/Berlin 1936
Rudolf  Z o d e r, Familiennamen in Ostfalen, Hildesheim 1968
Hans Georg  P o d e h l, 4444 ostpreußische Namen prußisch erklärt, Leer 1987
Horst  N a u m a n n, Familiennamenbuch, Leipzig 1987

Es gibt kaum ein Quellenwerk, das die Deutung der Flur-, Orts-, Personen- und Familiennamen in einer befriedigenden Form wissenschaftlich abhandelt. Die onomastische Literatur ist zumeist veraltet und daher bei neueren Forschungen eher als Hilfsmittel zu verstehen. Diese Gebiete sind Hilfswissenschaften und bei Sprachforschern mehr oder weniger Nebendisziplinen. Die heutzutage in Fernsehen, Rundfunk und Presse zahlreichen Abhandlungen über die Deutung von Familiennamen lassen die Vermutung zu, daß die angeblichen Forscher oder Autoren sich veralteter oder fragwürdiger Quellen bedienen. Mit dem Ergebnis nicht weniger Fehldeutungen, weil man sich nicht die Mühe machte, die bereits veröffentlichten Forschungen kritisch unter die Lupe nehmen. (Mit anderen Worten: "Man hat einfach unkritisch abgeschrieben"). Hinzu kommt noch ein nicht zu unterschätzendes Manko, das fehlende oder geringe Interesse an genenealogischen Fakten.

Die meisten Deutungen, insbesondere der Familiennamen, beruhen auf Forschungen vor 1900. Also einer Zeit, die nicht durch politische Umwälzungen großer Wander-, Flucht- oder Vertreibungsereignisse geprägt war.

Luther Namenbuch
Luther: Namen und ihre Deutung

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